Start - Navigationsframe


 

Werbung für Organspenden ?
 


 

Soll man, darf man, muss man für Organspende werben?
Oder sollte nur neutral informiert werden?

Ist der Bedarf an Spenderorganen eine Aufforderung zur Werbung für eine erhöhte Organspendebereitschaft?
Sportler, Prominente, Politker und Mediziner werben dafür.
Aber: Werden nicht auch falsche Vorstellungen geweckt?

Um die Frage, wie weit die Werbung für Organspenden gehen darf, wird spätestens seit der umstrittenen niederländischen "Spendenshow" (Juni 2007) gestritten.

 


 
 

Infomaterialien Organspende
  Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BzfgA)

Zielkonflikt bei Organspende-Kampagnen
  DLF 1.9. 2019 (Auszug) - Medizinethikerin Solveig L. Hansen

Vorschläge von SchülerInnen 
   Plakate

Die Organspendeshow in den Niederlanden
 Juni 2007

"Die Breitschaft muss belohnt werden"
   Chrismon 2008

Werbevideos  bei YouTube

EKD - Sammlung zur Organspende

Plakat - Organspendekampagne 2014
 Bundesministerium für Gesundheit, BzfgA

Plakatserie der BzfgA
  Organspendeausweis

Deutsche Stiftung Organtransplantation

Sportler für Organspende
  Initiative zur Erhöhung der Spendenbereitschaft

Songs für die Organspende
  Unterrichtsmaterila BzfgA



 

Vorschläge zur Werbung für Organspende (Poster)
(Chantal, Manuela, Tina)



 

Wettbeweb DSO
 


zurück

 
Organspende-Show (Juni 2007)

Bluff mit ernstem Hintergrund
Die im Vorfeld heftig kritisierte TV-Show um eine Nierenspende im niederländischen Fernsehen entpuppte sich als geschickte Inszenierung
 
Paukenschlag am Ende der "Big Donor Show": Die vermeindlich totkranke Lisa (links) ist Schauspielerin, verrät der Moderator Patrick Lodiers (ganz rechts im Bild). Die drei Kandidaten waren eingeweiht. Sie sind tatsächlich nierenkrank und warten auf eine Spenderniere 

Kurz vor Ende der Sendung offenbarte Show-Master Patrick Lodiers die Wahrheit: Spenderin «Lisa» ist demnach nicht todkrank, sondern hat dies nur gespielt. Die drei Kandidaten sind allerdings wirklich Patienten, die auf eine Spenderniere warten. Sie seien über den Bluff informiert gewesen, mit dem man auf die prekäre Organspende-Situation in den Niederlanden habe hinweisen wollen. Bei Ärzten und Organspende-Organisationen stieß das Show-Konzept des Senders BNN allerdings weiter auf heftige Ablehnung. 

«Wir wollten ein Zeichen setzen. Das ist geglückt», sagte BNN- Chef Laurens Drillich nach der Show. «In den vergangenen sieben Tagen ist mehr über Organspende gesprochen worden als in den sieben Jahren davor.» Während der Show am Abend des 1. Juni hätten etwa 12 000 Menschen eine SMS an eine Sondernummer geschickt, um sich als Spender anzumelden. Mehr als 1,2 Millionen Menschen sahen nach Angaben des Senders die «Große Spender-Show». Das soll die zweitbeste Einschaltquote für eine BNN-Produktion überhaupt gewesen sein...

Die drei Kandidaten - die 36-jährige Esther-Claire, der 19 Jahre alte Vincent und die 29-jährige Charlotte - gaben sich nach der «Enttarnung» erleichtert. Ihre in Filmen dargestellten Geschichten, in denen sie ihre Einschränkungen im Leben beschrieben, ihre Wünsche und Hoffnungen, seien echt gewesen, erklärten sie. Charlotte erklärte, sie hoffe, dass die Sendung der guten Sache diene. Bereits Ende April habe sie erfahren, dass die vermeintliche Spenderin nur eine Schauspielerin ist. «Aber ich bin dabei geblieben, weil ich hoffe, dass die Politik etwas damit anfangen wird und alles nicht bloß große Aufregung verursacht hat.» 

Gesundheit Pro 4.6. 2007


Meinungen zur Sendung

Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) erklärte, die Sendung sei nicht der richtige Weg gewesen, um auf das Problem fehlender Organspenden hinzuweisen. «Wenn die Medien so viel Energie und Fantasie in die seriöse Aufklärung und das Werben um Organspenden zur besten Sendezeit stecken würden, hätte man den selben positiven Effekt.» 

«Das Anliegen ist durchaus wichtig, aber mit solchen PR-Schachzügen ins Fernsehen zu kommen, kann nicht im Sinne der Medienberichterstattung sein», kritisierte auch der Vorsitzende des Deutschen Journalistenverbandes (DJV), Michael Konken. «Solche sensiblen Themen, die mit Krankheit, Gefühlen und Tod spielen, haben auf dem Medienmarkt nichts zu suchen.» 
 

Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) betonte, die Debatte um Organspenden komme nur dadurch zu Stande, dass es zu wenige Organspender gebe. Deshalb müsse dafür geworben werden, «dass sich einfach mehr Menschen zum Organspenden bereit erklären». In den Niederlanden warten 1400 Patienten auf eine Spenderniere. 

Der Fernsehsender hatte die Sendung mit dem Argument verteidigt, der Mangel an Spenderorganen müsse als Problem thematisiert werden: "Das ist nicht grausig, das ist das wirkliche Leben. Jedes Jahr sterben hunderte Menschen, weil es nicht genug Spender gibt." Die Chance der drei Kandidaten, eine Niere zu erhalten, sei mit einer Wahrscheinlichkeit von einem Drittel deutlich höher als für Patienten auf Wartelisten. BNN-Gründer Bart de Graaff war vor fünf Jahren gestorben, nachdem er jahrelang vergeblich auf eine Spenderniere gewartet hatte. 

Der niederländische Gesundheitsminister Ab Klink hielt BNN vor, die Öffentlichkeit mit der Kampagne vor der Show in die Irre geführt zu haben. Positiv sei aber, dass jetzt über Organspenden öffentlich diskutiert werde. 

Ablehnend äußerte sich nach der Show die Deutsche Stiftung Organtransplantation. "Wir halten es für unethisch und unmoralisch, mit dem Schicksal und dem Leid von Patienten zu spielen auch wenn es sich letztendlich um eine inszenierte Show gehandelt hat." 

Lob gab es vom niederländischen Minister für Erziehung, Kultur und Wissenschaft, Ronald Plasterk. Medienberichten zufolge nannte er die vom Unternehmen Endemol ("Big Brother") produzierte Show "sehr intelligent". Es sei "fantastische Arbeit", das Thema Organspende auf die Tagesordnung zu setzen. 

Der Verband der niederländischen Nierenpatienten erklärte: "Wir sind alle auf den Arm genommen worden. Aber das ist nicht wichtig. Wichtig ist, dass das Problem nun ein Gesicht hat."

Die Nierenkranke Caroline Klingers, die die Show in einem medizinischen Zentrum in Bussum verfolgte, lobte die "Grote Donor Show". "Ich denke, das war brillant, wirklich", sagte Klingers. "Es ist gut für die öffentliche Wirkung und es gibt keine Verlierer." 
 


Zielkonflikt bei Organspende-Kampagnen
DLF 1.9. 2019

"Wissen die Menschen von all den Voraussetzungen und Bedingungen einer Organspende und Transplantation? Wie gut sind die Informationen, die Krankenkassen, Transplantationskliniken oder die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung den Bürgern zur Verfügung stellen? Die Göttinger Medizinethikerin Solveig Lena Hansen, die die bisherigen Organspende-Kampagnen analysiert hat, sieht einen Zielkonflikt.

„Da muss man nur die ersten beiden Paragrafen des Transplantationsgesetzes angucken. Der erste sagt, das Ziel ist es, Organspende zu fördern, und der zweite sagt, über Organspende soll ergebnisoffen und neutral aufgeklärt werden. Und wie bekommen Sie das hin?“

Um das Fazit vorwegzunehmen: nicht besonders gut. Da ist zum Beispiel eine Kampagne der Technikerkrankenkasse von 2008, gezeichnet im Comicstil. Ein Supermann im wehenden roten Umhang hält ein Kind unter seinem Arm und fliegt mit ihm vor einem Wirbelsturm davon. In Großbuchstaben steht auf dem Plakat: Das kannst du auch, Untertitel: Pro Organspende sein kann Leben retten – auch das eigene.

Solveig Lena Hansen:
„Aufklärung ist es, aus meinem Verständnis nicht, es ist einfach eher Werbung für Organspende. Was ich besonders problematisch daran finde, ist der Untertitel: Pro Organspende sein kann Leben retten – auch das eigene, weil es einfach so nicht stimmt. Also wenn ich in Deutschland einen Organspendeausweis mit ja ausgefüllt habe, gibt mir das keine Priorität, wenn ich selber ein Organ benötige.

Solche Art von Fehlinformationen hat Solveig Hansen nicht nur einmal gefunden. Oftmals stellen sich Prominente zur Verfügung, um für die Organspende zu werben, etwa der deutsche Schauspieler Til Schweiger. Ein Plakat zeigt sein Porträt.

„Die Kampagne ist in schwarz-weiß gehalten, und über seinem Gesicht erscheint der Text. Du bekommst alles von mir. Ich auch von dir? Und unter dem alles ist ein kleines Sternchen, und unten steht eben noch mal: Du bekommst mein Herz, Lungen, Nieren, Leber, Bauchspeicheldrüse, Dünndarm, Teile der Haut, Gewebe oder kurz gesagt: alles von mir im Fall, dass nach meinem Tod eine Organspende möglich ist, da ich dann nicht mehr darauf angewiesen bin, es dir, deinen Verwandten und Freunden jedoch das Leben retten kann.“

Die detaillierte Auflistung von allem, was gespendet werden kann, ist selten und in dieser Kampagne gelungen. Die Wissenschaftlerinnen legten das Plakat einer kleinen Diskussionsrunde vor. Solveig Lena Hansen:

„Viele Personen haben aber auch gleichzeitig gesagt, dass die durch die reine Darstellung des Gesichts auch moralischen Druck aufbaut, ein Design, dem man sich schwer entziehen kann. Und ich würde sagen: Ähnlich wie bei der Superheldenkampagne ist auch hier problematisch, dass man indirekt verspricht: Wenn du bereit bist zu spenden, dann bist du auch bevorzugt. Und wir haben in Deutschland einfach kein direktes Reziprozitätsmodell.“
Marketing statt Aufklärung

Das Fazit der Wissenschaftlerin: Statt um Aufklärung handelt es sich bei den meisten Kampagnen um Social Marketing – den Versuch, das Thema Organspende mit Mitteln der Werbung bekannt zu machen. Gemeinsam hätten die Kampagnen zudem, dass sich Menschen, die keine Organe spenden möchten, nicht wiederfinden. Deren Gründe, Ängste und Sorgen werden nicht thematisiert, sagt Hansen: 

„So eine Diskussion, wie sie über 20 Jahre geführt wurde, die die Spender sehr aufwertet und über die Nichtspender gar nicht redet, hat zur Folge, dass Nichtspendebereite als unwillig, als Feiglinge, als schlecht informiert, als bequem, zögerlich und so weiter abgestempelt werden. Und es macht auch Personen, die vielleicht nicht spenden wollen, es macht ihnen das auch sehr schwer, das überhaupt zu sagen – in der Familie, am Arbeitsplatz, unter Freunden oder gar auf öffentlichen Veranstaltungen.“

Ergebnisoffene Aufklärung, wie sie das Gesetz eigentlich vorschreibt, sieht anders aus. Und könnte vielleicht das Vertrauen in die Transplantationsmedizin stärken, das durch die vielen Skandale der letzten Jahre gelitten hat. Hansen: 

„Umfassende Informationsmaterialien sollten erst mal zum Nachdenken über das Thema anstoßen und möglichst breit verschiedene Perspektiven zu Organspende einfangen. Das heißt: Perspektiven von Empfängern, von Spendern, von Angehörigen, von Ärztinnen, von Pflegenden und vielleicht auch nicht nur die Perspektiven, wo alles gut geklappt hat, sondern auch die Perspektiven, wo etwas vielleicht nicht so gut geklappt hat.“

Und noch etwas ist wichtig aus ihrer Sicht.

„Zumindest alle Handlungsoptionen sollten gegeben sein in solchen Kampagnen. Das beinhaltet für mich Aufklärung, also Menschen dahin zu befähigen, dass sie für sich eine gute Entscheidung treffen können, und dafür müssen ihnen alle Entscheidungsoptionen zugänglich sein.“

Sigrid Graumann: „Wir wollen, glaube ich, alle kein autoritäres Entscheiden über die Menschen, die eben diese Klarheit noch nicht haben. Da kann man nur mit Information und mit guten Argumenten und mit dem Versuch der Überzeugung vorgehen und nicht mit Verpflichtung, was ja letztlich hinter der Widerspruchslösung steckt.“

DLF 1.9. 2019
 


 
Start - Navigationsframe